Heraus zum Revolutionären 1. Mai 2020?

Heraus zum Revolutionären 1. Mai 2020?

Der 1. Mai wirft seine Schatten und wie jedes Jahr gibt es eine Reihe von guten Gründen, auf die Straße zu gehen und das Bestehende in Frage zu stellen.

Auf dem Wohnungsmarkt ist die Situation, trotz des sogenannten »Mietendeckels«, nach wie vor extrem angespannt. Bezahlbarer Wohnraum ist in Berlin kaum noch zu finden. In Berlin finden pro Jahr etwa 5.000 Zwangsräumungen statt, die Dunkelziffer dürfte um einiges höher liegen. Viele unserer befreundeten selbstorganisierten Projekte, wie das Syndikat, die Meuterei, die Potse, die Liebig34 usw., sind aktuell von Räumungen bedroht. Aber es ist nicht die Stadt der Reichen, es ist unsere Stadt!

Nazibanden ziehen mordend durch das Land. Anschläge wie in Hanau und in Halle sind nur die Spitze des Eisberges. Nahezu jeden Tag gibt es Anschläge und Übergriffe auf migrantisch gelesene Menschen, es werden antirassistische Menschen und Projekte bedroht, Todeslisten kursieren im Internet. Parlamentarisch flankiert werden die Faschisten von AFD und Co. Mit Vereinen wie »Uniter« zeigt sich immer deutlicher der tiefe Staat und die lange ignorierte Warnung von Antifa-Gruppen einer realen strukturell-personellen Verknüpfung der extremen Rechten mit staatlichen Strukturen in Polizei, Bundeswehr und Verwaltung, lässt sich kaum noch leugnen. Antifaschismus ist das Gebot der Stunde – keinen Fußbreit den Faschisten!

Nach wie vor führt Deutschland Krieg in aller Welt. Aktuell beteiligt sich die Bundeswehr an 10 »Auslandseinsätzen«. Über 3.000 deutsche Soldaten kämpfen und töten im Ausland zum Wohle der deutschen Wirtschaft. Das Credo ist nach wie vor: »Deutsche Wirtschaftsinteressen werden auch am Hindukusch verteidigt«. In Nordsyrien findet, mit Unterstützung des Nato-Partners Deutschland, ein brutaler Krieg des türkischen Regimes gegen die einzig fortschrittliche Struktur der Region, die kurdische Selbstverwaltung, statt. Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt!

Weiterhin ist die sich immer weiter verschärfende Umweltkrise zu benennen. Wenn wir uns die massiven Waldbrände in Australien anschauen, die allgemeine Trockenheit im letzten Sommer, die massive Zunahme von Überschwemmungen und Wetterextremen, dann zeigen sich die Vorboten der Klimaänderung immer deutlicher. Schon jetzt sind etwa 27 Millionen Menschen weltweit aufgrund von Naturkatastrophen zur Flucht gezwungen. Bis 2050 könnten es 200 Millionen Menschen sein. Die Klimakrise wird zu einer existenziellen Krise für die Menschheit. System Change! – Not Climate Change!

Kapitalismus, Krieg und Klimakrise führen dazu, dass 2019 weltweit über 70 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Mittlerweile sind mehr als 20.000 Menschen im Mittelmehr ertrunken. Die Festung Europa wird zu einem Massengrab. An den EU-Außengrenzen spielen sich unmenschliche Szenen ab. Tausende von Flüchtlingen werden zu einer politischen Verschiebemasse zwischen der EU und der Türkei degradiert. Über 2 Milliarden Menschen haben weltweit keinen Zugang zu sauberen Trinkwasser, über 800 Millionen Menschen müssen hungern. Shut down fortress Europe! Diese Liste ließe sich beliebig lange fortsetzen...

All dies ist kein Zufall oder gottgewollt. Krise, Krieg und Klimawandel haben eine gemeinsame Ursache und die heißt Kapitalismus. Ein System, in dem nicht die Bedürfnisbefriedigung der Menschen im Vordergrund steht, sondern nur Profit und Konkurrenz zählen, wird zwangsweise immer zu Ungleichheit und Elend führen. Ein solches System muss überwunden werden und zwar möglichst schnell!

Wir erleben aber auch, dass sich immer mehr Menschen mit dem kapitalistischen Normalzustand nicht mehr abfinden wollen. Ob in Frankreich, wo tausende Menschen über Monate gegen die »Sozialrechtsreformen« der Regierung auf die Straße gehen. In Nordsyrien, wo trotz Krieg und Entbehrung die kurdische Community eine neue Gesellschaft aufbaut und auf breite internationale Solidarität zählen kann. In Indien sind Anfang des Jahres über 200 Millionen Arbeiter*innen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung in den Generalstreik getreten. Mit der Klimabewegung »Fridays for Future« sind vor allem junge Menschen weltweit politisiert worden. Auch in Deutschland finden sich mehr Menschen zusammen, die sich zusammen gegen Mietwucher, Nazis, Krieg und Klimakrise engagieren. Dies macht Hoffnung und zeigt, dass es an uns selbst liegt unser Schicksal in die Hand zu nehmen. Unter »normalen« Umständen wäre für uns klar, am 1. Mail alle gemeinsam auf die Straße gegen Krieg, Krise und Kapital.

Aber wir leben gerade nicht unter »normalen« Umständen. Die Corona-Pandemie macht auch vor der radikalen Linken nicht halt. Ungeachtet der Ausgangsbeschränkungen, die für uns kein Grund wären auf die Demo zu verzichten, müssen wir die reale Gefahr von Infektionen im Zusammenhang mit der Demo berücksichtigen. Das 1. Mai Bündnis ist daher aktuell in gemeinsamer Diskussion wie wir gemeinsam dem 1. Mai in Berlin begehen wollen. Dazu wurde ein Diskussionspapier veröffentlich und kann auf der Seite des Bündnisses eingesehen werden (1mai.blackblogs.org). Wir laden alle interessierten Strukturen und Einzelpersonen dazu ein, gemeinsam mit dem Bündnis die aktuelle Situation zu diskutieren und eigene Vorschläge für die Gestaltung des 1. Mai in Berlin mit einzubringen. Das Bündnis wird zeitnah eine weitere Einschätzung abgeben und nach erfolgter interner und externer Debatte einen Plan für den 1. Mai in Berlin vorstellen.

Der 1. Mai sind wir alle – Alle gemeinsam gegen den Kapitalismus!